Jörg Büchi - Der Farmfluencer im Schaffhauser Bauer
DER HERZBLUT FARMFLUENCER
Der Landwirt und Agrarökonom Jörg Büchi aus Elgg sagt, was er denkt – sei es auf den sozialen Medien oder, wie vor einem Jahr, direkt in der «Sonntagszeitung». Mit Leidenschaft und Authentizität begeistert er und zeigt, wie Bauern Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dadurch viele Menschen erreichen können.
«Öffentlichkeitsarbeit betreibt jeder von euch. Sei es, wenn ihr mit dem Schwager am Familientisch zu Weihnachten oder am Stammtisch in der Beiz über die Landwirtschaft diskutiert. Ich mache sie auf den sozialen Medien», erklärt der Milchbauer Jörg Büchi beim Start seines Referates an der Generalversammlung des Verbands für Landtechnik Schaffhausen. Der engagierte Jungbauer ist nicht nur auf sozialen Medien aktiv, sondern auch Präsident des Turnvereins Schlatt ZH, Mitglied der Feuerwehr Eulachtal und begeisterter Töfffahrer.
Speisehaferanbau mit Hintergrund
Nach seiner Ausbildung zum Landwirt studierte Büchi Agronomie und bildete sich mit einem CAS in Agrarrecht weiter. Seit 2021 führt er seinen eigenen Betrieb (milchbauernhof.ch) und arbeitet Teilzeit als Treuhand-Mandatsleiter und Agrarrechtsberater. Täglich kümmert er sich um seine 32 Milchkühe der Rasse Brown Swiss und bewirtschaftet rund 30 Hektar Kulturland. Unter anderem baut er Speisehafer an – allerdings nicht aus finanziellen Gründen. «Ich finde es cool, wenn ich einem Veganer den landwirtschaftlichen Kreislauf erklären kann, vor allem, wenn er sagt, ich solle auf Tierhaltung verzichten. Ich zeige ihm, dass ich den Hafer für seine Hafermilch völlig biologisch und ökologisch mit der Gülle meiner Tiere düngen kann – alles ohne chemischen Dünger. Das regt viele zum Nachdenken an», sagt Büchi schmunzelnd.
Dank Lockdown zu Instagram
Mit seinem Instagramkanal «_milchbauernhof_» begann er während des Lockdowns 2020, als er – wie viele andere – nicht in den Ausgang konnte. «Freunde fragten mich: Was willst du mit Instagram? Du verkaufst ja gar nichts.» Obwohl er zustimmen musste, startete er erfolgreich. Seine Authentizität begeistert die Menschen. «Ich bin einer, der die Schnauze einfach nicht halten kann», sagt er lachend.
Auf Instagram zeigt Büchi spontane Videos über seinen Alltag oder spricht über Themen, die ihn stören. «Meine beliebtesten Videos sind die, bei denen ich mich richtig göttlich aufrege.» Bemerkenswert ist, dass auch Amtsstellen seinen Kanal verfolgen und ihm gelegentlich Rückmeldungen geben. Er sucht das Gespräch mit ihnen, bevor er sich öffentlich äussert. «Ich finde es wichtig, unsere Meinung zu sagen und nicht nur die Faust im Sack zu machen.»
Grosse Reichweite
7500 Menschen folgen ihm auf Instagram. Innert 90 Tagen erreicht er bis zu 17 000 Konten und generiert 212 000 Aufrufe. Zusammen mit drei weiteren sogenannten Farmfluencern erweitert er seine Reichweite. Obwohl alle vier die Schweizer Landwirtschaft auf ihren Kanälen aufzeigen, sind die Inhalte völlig unterschiedlich. «Wir wollen Menschen erreichen und von unserer Landwirtschaft überzeugen.»
Neue Zusammenarbeit dank Instagram
Durch Instagram hat Büchi spannende Kooperationen gefunden: Er drehte Werbevideos zur Imageförderung mit Stefan Büsser für Schweizerbauern.ch und machte gemeinsam mit Stefanie Heinzmann Werbung für Hafermilch.
Warum macht er das?
«Ich möchte aufklären, informieren und Vorurteile korrigieren», sagt Büchi. Häufig begegnet er Menschen mit veraltetem Wissen über die Landwirtschaft. Er will sie mit fundierten Argumenten überzeugen. Ein Beispiel: Vor der Biodiversitätsinitiative lud man ihn zu einer Podiumsdiskussion an einer Zürcher Kantonsschule ein. Vorgängig dachte er sich: «Das ist verlorene Mühe, dort Überzeugungsarbeit zu leisten.» Trotzdem ging er hin. Die Organisatoren hatten vor der Diskussion eine Umfrage gemacht, wie die Schüler zum Abstimmen tendieren. Das Resultat war: 41 Ja- und gerade einmal 14 Neinstimmen. Nach der Podiumsdiskussion gab es dieselbe Umfrage noch einmal. Und das Resultat hat ihn sehr überrascht: 57 Ja- und 68 Neinstimmen kamen anschliessend heraus. «Das zeigt, dass wir durch einfache und verständliche Erklärungen viel erreichen können.»
Fundiertes Wissen
Büchi legt Wert darauf, nur fundierte Inhalte zu teilen. Er beantwortet Fragen mit Fakten und belegt sie, wenn nötig, mit Quellenangaben. «Was ich nicht mehr mache, ist die Kommentare bei Boulevardmedien zu lesen oder zu beantworten – das bringt wirklich nichts!» Kritik nimmt er gerne an, insbesondere wenn sie konstruktiv ist. Viel Echo erhielt er zum Artikel über den Stundenlohn eines Landwirts, geschrieben von Rico Bandle, welcher damit den Medienpreis des Schweizer Bauernverband gewann. Nur schon der Titel «Ich arbeite für 8.30 Franken pro Stunde» sorgte im Januar 2024 für Aufsehen. Büchi musste sich danach häufig erklären.
Ganz neu hat er einen Podcast auf Spotify unter dem Namen “Hofcast - der Schweizer Landwirtschaftspodcast”.