Eisregen heisst Freude und Arbeit
Landwirt Hansruedi Kramer räumt seit Jahren Schaffhauser Strassen und Plätze von Schnee frei. Seit dem Winter 2020/21 baute er seinen Winterdienst sukzessive aus, was seine Kundschaft und Mitarbeiter sehr begrüssen. Grosse Verantwortung, Leidenschaft, aber auch Schneekenntnisse stecken hinter seiner Arbeit.
Bereits als Kind entdeckte der Landwirt Kramer seine Schneepassion. Nicht nur beim Schlitteln und Schneebälle werfen war er immer an vorderster Front dabei. Bereits als kleiner Junge stand er frühmorgens auf, wenn der erste Schnee gefallen ist, und er war nicht mehr im Haus zu halten. Um sich etwas Sackgeld zu verdienen, fing der junge Hansruedi an, mit einem Karren, der vorne eine Schneeschaufel hatte, von Nachbar zu Nachbar zu gehen und diesen die Einfahrten vom Schnee freizuschaufeln. Hie und da gab es dann einen Batzen als Dankeschön.
Winterdienst bei der Stadt
Als er älter wurde, trat seine Schneeliebe in den Hintergrund. Er Viele Jahre ging er in der kalten Jahreszeit dieser Tätigkeit nach, bis die Stadt den Winterdienst an das kantonale Tiefbauamt übergab. Er wurde angefragt, ob er den Pfadschlitten abkaufen wolle, da dieser nicht mehr gebraucht wurde. «Es war eine grosse Investition und ich musste zuerst darüber nachdenken. Um diesen einfach nur zu Hause rumstehen zu haben, war er zu teuer», sagt der Landwirt. Er entschied, den Pfadschlitten zu übernehmen, da er seinen Traktor für den Job im Winterdienst für die Stadt bereits umgerüstet hatte.
Viele Anfragen von Kunden
Kurz nach dem Kauf des Pfadschlittens erhielt er Anfragen für Schneeräumungen und die ersten Kunden konnte er via Maschinenring gewinnen. Immer mehr kamen dazu und er konnte Mitarbeiter einstellen, die ihn unterstützten. Heute sind sie zu dritt, die bei Eis und Schnee alles stehen und liegen lassen und mit den beiden Traktoren ausrücken.
Weniger Schnee seit Klimawandel
Eine Winterpauschale regelt in seinen Kundenverträgen, dass er auch bei schneearmen Wintern etwas an seine Umtriebe bekommt. Denn ein Wetterschmöcker ist Hansruedi trotz grosser Wintererfahrung nicht: «Wenn es unklar ist, ob es gefriert oder schneit in der Nacht, stelle ich mir mehrmals pro Nacht den Wecker. Dann stehe ich auf und kontrolliere draussen, ob wir ausrücken oder nicht. Es liegt in meiner Verantwortung, ob ein Einsatz nötig ist oder eben nicht.» Schneereiche Winter gibt es bei uns im Kanton eher selten. «Schnee räumen wir nur noch wenige Tage im Jahr. Dann wird es aber meist zeitintensiv. Rekord war der Winter 2020/ 21, als ein Traktor 36 Stunden im Dauereinsatz stand», sagt der Landwirt.
Neuer Salzstreuer
Es mangelt Kramer nicht an Arbeit und seine Kundenkartei nimmt stetig zu. Er erläutert: «Salzeinsätze sind immer noch ein grosser Bestandteil unserer Arbeit.» Gerade hat er einen neuen Salzstreuer für den Traktor gekauft. Diese Anschaffung war nicht nur wegen der vielen Arbeitsanfragen nötig. Der Streuer verfügt über eine genau definierte Salzmengenabgabe. Ein grosser Fortschritt für die Fahrer und die Umwelt. Beim älteren Model musste eine genaue Fahrgeschwindigkeit eingehalten werden, um die richtige Salzverteilung zu erhalten. Dies ist nun nicht mehr nötig. «Salzen ist belastend für die Umwelt, dessen sind wir uns bewusst. Aber mit der richtigen Dosierung ist es besser vertretbar. Split beschädigt nicht nur die Autolacks, er muss im Frühling auch wieder überall entfernt werden», erklärt Kramer.
Schneeräumen ist Kopfarbeit
Wer selber einmal eine Einfahrt vom Schnee geräumt hat, weiss, es braucht ein gewisses System dahinter. Dazu sagt Kramers Angestellter Hendrik Güntert: «Dies habe ich total unterschätzt. Einfach anfangen mit Pfaden geht nicht. Hansruedi schaute mit mir vorgängig jede Arbeit an und zeigte mir auf, worauf ich achten muss.» Ob Gullydeckel oder Seitenränder, alles muss beachtet werden. Wenn zu tief über eine Kanalabdeckung geräumt wird, kann der ganze Ring ausreissen. Dann wird es gefährlich und teuer. Diese vielen Details muss sich der Fahrer merken, denn wenn Schnee liegt, sieht man meistens nichts mehr von den Gefahren. Kramer sagt lachend dazu: «Jeden lasse ich darum nicht auf meine Traktoren.» Ebenfalls ein Thema ist, wohin mit den Schneemassen. Diese gehören an den tiefsten Punkt eines Platzes, da sich sonst beim Schmelzen Rutscheis darunter bildet. «Über solche Details machen sich die wenigsten Gedanken, bei uns gehört es zum Kundenservice dazu», findet Hansruedi Kramer.
Unerfüllte Kindheitsträume
Vom Winterdienst in den Bergen träumt der Schneeliebhaber nicht unbedingt. Wenn er allerdings Pfadbilder von Freunden aus Graubünden erhält, juckt es ihn trotzdem, mitzufahren: «Mein Bubentraum war, einen Winter lang Pistenfahrzeuge zu fahren. Aber mit dem Betrieb und der Familie war dies nicht möglich», bedauert Kramer. Der Winterdienst ist definitiv keine Arbeit für jedermann. Hansruedi Kramer und sein Team übernehmen dies mit grosser Begeisterung. Damit der Landwirt während der kalten Jahreszeit jederzeit Einsätze fahren kann, bedingt es, dass seine Frau Beatrice hinter ihm steht. Dazu erklärt der Landwirt: «Wenn es schneit oder Eis regnet, kann ich nicht vorhersehen, wie lange die Einsätze dauern. Zu Hause wartet aber ein Stall mit Tieren, die gefüttert und gemistet werden wollen. Dies übernimmt in dieser Zeit meine Frau, was ich ihr hoch anrechne. Wir ziehen beide am gleichen Strick, sonst würde es nicht funktionieren.